Redebeitrag 2016 – 3: Erfahrungsbericht

2011 ist mir das passiert, was ich nie wollte. Meine Pille hat versagt, ich war ungeplant und ungewollt schwanger. Für mich stand damals schon fest, dass ich keine Kinder möchte – im Gegensatz zu meinem Partner, der sich riesig über den positiven Schwangerschaftstest freute und das Kind haben wollte. Ihm zu sagen, dass ich das Kind nicht möchte – ich dachte das wäre wohl das Schwierigste bei meinem Entschluss die Schwangerschaft abzubrechen.

Aber da hab ich weit gefehlt – in den Wochen nach meiner Entscheidung habe ziemlich deutlich zu spüren bekommen was der Paragraph 218 real bedeutet.

Im Konkreten hieß das, mir bei der Schwangerschaftskonfliktberatu ng anhören zu müssen, dass das was ich vorhabe schon Mord sei. Um dann eine Stunde lang Argumente über mich ergehen lassen zu müssen, warum es total super wäre, wenn ich das Kind austragen würde. Inklusive so Sätzen wie „Die Muttergefühle kommen dann schon wenn das Kind da ist“ – frei nach dem Motto „der Appetit kommt schon beim Essen“. Es war völlig egal, dass ich gar nicht in einem Konflikt war, meine Entscheidung war selbst getroffen und ich stand zu 100% hinter ihr. Warum die Dame der Beratungsstelle versucht hat Zweifel zu säen, wird mir für immer ein Rätsel bleiben.

Nachdem ich das überstanden hatte, stand dem Eingriff nichts mehr im Weg (außer natürlich der Wartefrist von mindestens 3 Tagen). Aber auch dann hatte ich leider nicht die Möglichkeit, die bestmögliche Medizinische Versorgung zu erhalten. Sämtliche Krankenhäuser meines damaligen Wohnortes, inklusive der Uniklinik, nahmen keine Abtreibungen vor. Ich musste deshalb zu einer der Wenigen Frauenarztpraxen gehen, die den Abbruch durchführen. Nach den Praxisöffnungszeiten, in einem gesonderten Bereich im hinteren Teil der Praxis.
Mir persönlich gab das das Gefühl etwas zu tun, wofür ich mich verstecken und irgendwie auch schämen muss. Dabei habe ich eine völlig legitime Entscheidung getroffen.

Der Eingriff an sich war schnell vorbei und ich dachte, dass ich danach mit dem Kapitel abschließen könnte. Aber auch da irrte ich mich.

Ca. 2 Wochen später erhielt ich einen Brief der Gynäkologin, der für mich wie ein Schlag ins Gesicht war. Darin 2 Ultraschallbilder – Vorher und Nachher. Als wolle man mir die Folgen meiner Entscheidung nochmal vor Augen führen. In dem Moment hab ich einfach die Fassung verloren und das obwohl ich völlig hinter dem Abbruch stand. Aber fast einen gesamten Monat hatten mir verschiedene Menschen immer wieder einreden wollen, dass ich da was falsches, moralisch verwerfliches tue und in diesem einen Moment überwältigte mich der Druck.

Ich war wirklich froh, das Ganze nicht alleine durchstehen zu müssen. Mein Partner hat meine Entscheidung mitgetragen – entgegen meiner Sorge. Er war für mich da, hat mich begleitet und unterstützt, weil er der Meinung war, dass es mein Körper und damit auch meine Entscheidung sei.
Eine Tatsache die der Staat offensichtlich noch nicht verstanden hat, der hat sich eingemischt, mich unter Druck gesetzt und meinen Entschluss nicht akzeptieren wollen.

Und damit genau das nicht weiter passieren kann, fordere ich: Weg mit Paragraph 218.